von Dr. theol. Albert Fischer, DiözesanarchivarSowohldieAnfängedesChristentumsinRätienalsauchdieErrichtungdes BistumsChurliegenweitgehendimDunkeln.Dererst451nachweisbare BischofssitzChuramstrategischwichtigennördlichenAusgangspunktzuden BündnerAlpenübergängenJulier,SeptimerundSplügengehörtenachder EroberungdurchdieRömer15v.Chr.zuerstzurProvinzRaetia.Beider NeueinteilungderrömischenProvinzenim4.JahrhundertwurdeChur römischerVerwaltungssitzundHauptortder«Raetiaprima».Wahrscheinlich Endedes4./anfangsdes5.JahrhundertswurdevonMailandausdasBistum Churgegründet. AlsersterhistorischnachweisbarerBischofvonChurgilt Asinio (bezeugt451).DieBistumsgrenzenwarenzunächstweitgehenddeckungs-gleichmitderrömischenProvinzder«Raetiaprima»;dienördlichenTeile südlichdesBodenseeswurdendannim7.JahrhundertdemneuenBistum Konstanzzugeschlagen.WahrscheinlichseitBeginnderBistumsgründung gehörteauchderVinschgaubisundmitMeranzumkirchlichenSprengelChur, welcherbisMittedes9.JahrhundertsalsSuffragandemErzbistumMailand unterstand.MitderEroberungVenetiensdurchdenMerowingerkönigTheutebertkam Rätienum536/539unterfränkischeOberhoheit;dieVerfassungs-und VerwaltungsstrukturenausrömischerZeitbliebendaselbstjedochbestehen. DerenherausragendesMerkmalwardieVereinigungvonweltlicherund geistlicherGewaltindenHändendereinheimischenFamiliederViktoriden (Zacconen)inRätien.DieseDynastieerreichtedenHöhepunktihresEinflusses im8.JahrhundertundregiertenachdemNiedergangderfränkischen Herrschaftweitgehendselbständig.AlsletzterVertreterderViktoridenversah derChurerBischofTello(bezeugt759/60–765)inPersonaluniondasweltliche AmtdesPraesessowiedasgeistlicheAmtdesBischofsundhatte entsprechenddieGesamtherrschaftüberRätieninne.DiefesteEingliederung RätiensindaskarolingischeImperiumbegannnachderEroberungdes Langobardenreichs773/74durchKarldenGrossenundderstärkerenBindung der AlemannenandasFrankenreich.Nach806führteKarlderGrosseinRätien diekarolingischeGrafschaftsverfassungein;trenntediegeistlicheundweltliche GewaltunddamitverbundenBistumsgutvonKönigs-undGrafschaftsgut.Diese «divisio»kameinerNeuordnungderBesitz-,Macht-undHerrschafts-verhältnisseinRätiengleich;siebeendetediefrühmittelalterlicheChurer BischofsherrschaftundführtezueinemerheblichenVerlustvonbischöflichem Kirchengut.InderKlageschriftdesChurerBischofsViktorIII.(bezeugt 822/23–831)gegendieSäkularisationenunterKarldemGrossenundLudwig demFrommenzurAusstattungdesneugeschaffenenGrafenamtesinRätien wirddeutlich,dassim9.Jahrhundertbereitseinregeskirchlicheswie klösterlichesLebenvorherrschteundeineausgebautePfarreiorganisation vorlag;zudenfrühenKanonissenstiftenbzw.KlösternzählendieNieder-lassungeninCazis,Mistail,Schänis,Disentis,PfäfersundMüstair.InFolgeder ZuteilungRätiensimVertragvonVerdun843andasostfränkischeReichunter LudwigdemDeutschenkamdasBistumChurvonMailandwegundwurdeals Suffragan bis 1803 der Kirchenprovinz Mainz eingegliedert.----------------------------------------------------------------------------------------------------------Zirkumskription des Bistums Churzwischen dem 8./9. Jahrhundert und 1816• das Gebiet des heutigen Kantons Graubünden (ohne das Puschlav [zum Bistum Como])• das Urserntal zwischen Oberalpass und Passhöhe der Furka• die nördlichsten Teile des heutigen Kantons Glarus• die südlichen Teile des heutigen Kantons St. Gallen (Linthebene, Sarganserland)• das Rheintal bis zum Hirschensprung (Rüthi) einschliesslich der obertoggenburgischen Gemeinde Wildhaus• das Gebiet des seit 1719 bestehenden Fürstentums Liechtenstein• das Gebiet des südlichen Vorarlbergs bis und mit Götzis• das Paznauntal• der obere und untere Vinschgau• die nördlichen Teile des Burggrafenamts mit der Stadt Meran (Grenze: Einfluss der Passer in die Etsch)• rechte Talseite des Passeiertals (bis und mit Gemeinde St. Martin in Passeier)----------------------------------------------------------------------------------------------------------AufgrunddergeostrategischenLagedesChurerBischofssitzesam KnotenpunktderPassroutenüberdierätischenAlpengewannenauchdie ChurerBischöfenachdemEinbruchdurchdie«divisio»im10./11.Jahrhundert wiederkräftiganBedeutungundEinfluss.MittelsköniglichenSchenkungenund umfangreichenPrivilegienandieBischöfe,vorallemunterKaiserOttoI.,wurde dieGrundlagezueinerfeudalengeistlichenHerrschaftaufdemTerritoriumdes BistumsChurgeschaffen(Hochstift);dazukamenMünz-,Zoll-undSteuer-rechte.DashervorragendeEinvernehmenzwischendenBischöfenunddem deutschenKönigtumhieltbiszumInvestiturstreitan;dieserführtedannauchin ChurzueinemWechselvonpäpstlichenundköniglichenParteigängernunter dengeistlichenAmtsträgern.AuchgegenüberdenStaufischenHerrschernim 12.Jahrhundert,inderenGefolgedieChurerHirtenwiederholtaufReichs-und Hoftagen anzutreffen waren, blieb die Gesinnung kaiser- und reichstreu. NebenseinenReichsdienstengiltBischofAdalgott(1151–1160)aufBistums-ebenealsherausragendePersönlichkeit;erwarwahrscheinlichdererste BauherrderheutigenKathedrale(Bauzeitzwischen1150und1272)undein eifrigerReformerdesmonastischenLebens.1170befreiteKaiserFriedrichI. BarbarossadenChurerBischofEgino(1163–1170)vomReichs-undHofdienst –dieGeburtsstundederChurerOberhirtenalsgeistlicheReichsfürsten(bis 1806). DieBestrebungenzurHerrschaftsverdichtungführtenaufregionalerEbene zunehmendzuKonfliktenundFehdenzwischendenChurerBischöfenund verschiedenenbischöflichenVögtenundLehensträgern,wiedenFamilien Matsch,WerdenbergundToggenburg.Dessenungeachtetgelangenim12./ 13.JahrhundertweitereGründungenwichtigermonastischerGemeinschaften: diePrämonstratenserniederlassungeninSt.LuziinChurundinChurwalden, dasJohanniterprioratinFeldkirchsowiemännlichewieweiblichedominika-nische Ordensgemeinschaften in Chur, Weesen, Bludenz und Algund.----------------------------------------------------------------------------------------------------------Ausbildung des Hochstifts Chur(weltliches Herrschaftsterritorium der Churer Bischöfe) seit dem 12. JahrhundertAuf dem Territorium des Bistums Chur:• die Stadt Chur (bis 1464) und der bischöfliche Hof (bis 1803)• die «Vier Dörfer» (Igis, Zizers, Trimmis und Untervaz)•dieKerngebietelagenandenNord-Süd-AchsenentlangderJulier-,Septimer- undSplügenpassroute:alsodieTalschaftenDomleschg,Schams,Rheinwald, Oberhalbstein, Albulatal, Bergell, Oberengadin• Münstertal• Herrschaft Flums• Streubesitz in der Surselva, im Unterengadin und im VinschgauAusserhalb des Bistums Chur:• im Hochmittelalter vorübergehend Chiavenna und Bormio• Streubesitz um Landeck• Herrschaft Grossengstingen (ca. 937–1694/1717)Burgen und Verwaltungssitze (neben dem Hof in Chur): 30 (im 15. Jh.)----------------------------------------------------------------------------------------------------------EineneueEpochebegannim14.Jahrhundertmitderimmerstärkeren AnlehnungderChurerBischöfeanÖsterreich,derIntensivierungdes habsburgischenEinflussesimrätischenRaumsowiedenAutonomie-bestrebungenderStadtChurundderländlichenGerichtsgemeinden.Es bildetensichneueübergreifendepolitischeOrganisationsformen,wieder Gotteshausbund(1367),derObereBund(1395/1424)undderZehngerichten-bund(1436).DerWandelvonderfeudalenzueinerdualistischstrukturierten BischofsherrschaftdurcheinelandständischeOrdnungwarunaufhaltsam.Sich mehrendeVerkäufeundVerpfändungenunterBischofSiegfriedvon Gelnhausen(1298–1321),insbesonderedanndiehäufigeOrtsabwesenheitdes ChurerBischofsPeterGelito(1356–1368)unddiedurchihnanösterreichische HerzögegegeneinJahrgeldübergebenenlandesherrlichenRechtesamt EinkünftenzwangendasChurerDomkapitel,dieDienstleute,diebischöflichen TalgemeinschaftenDomleschg,Schams,Oberhalbstein,Bergell,Ober-und UnterengadinsowiedieStadtgemeindeChurzueinemausderNot erwachsenenZusammenschlussgegendenBischofmitderAbsicht,keine weiterenfremdenBistums-undHochstiftsverwalterzuakzeptierensowie willkürlicheVeräusserungenvonGüterndesGotteshauses(ohneihre ausdrücklicheZustimmung)inskünftigzuverhindern.Zielwardieland-ständischeMitwirkunganderbischöflichenLandesherrschaft,welchetrotz Einschränkungen–diezumTeilerfolgreichenAutonomiebestrebungender StadtChurgegenüberdemBischofunddernichtverwiklichteWunschderStadt nachReichsfreiheit(freieReichsstadt)nach1464sindbeispielhaft–biszur Reformation intakt blieb.DerEinflussderösterreichischenHerzögereichtebishinzuneuenKloster-stiftungen:sowardieGründungdesKlarissenklostersinMeran(1309)eine StiftungdesTirolerLandesfürstenbzw.seinerGemahlin.Fernergelangenim 14.JahrhundertweiterefranziskanischeNiederlassungenaufDiözesangebiet (Viktorsberg und Valduna).DiepolitischenSpannungenimBistumzwischenhabsburgfreundlichenOber-hirtenunddeneinzelnenBündehieltenauchim15.Jahrhundertanund eskaliertenimSchwabenkrieg1499.WährendderGotteshausbunddamals wenigstensfürkurzeZeitgestärktausdenKriegshandlungenmitÖsterreich hervorging,konntesichBischofHeinrichvonHewen(1491–1505)nichtgegen dieaufgrundseiner AbwesenheiteingesetztevierköpfigeRegentschaftüberdas HochstiftChurdurchsetzen,übertrug1504dieweltlicheVerwaltungdes BistumsdemChurerDomkapitel,welchesseit1448bis1806dasfreie Bischofswahlrechtbesass,undwilligteindieBestellungeinesDiözesan-administratorsinderPersonPaulZieglersein.Trotzderinstabilenpolitischen wieprekärenfinanziellenVerhältnissederbischöflichenHerrschaftzeigtensich amEndedesSpätmittelaltersimBistumChurersteAnsätzeeinerreligiös-kirchlichenErneuerung.HeinrichvonHewenhielt1492eineDiözesansynode ab,derenStatutenweitgehendmitjenenderKonstanzerSynodevon1483 übereinstimmten.SiezieltenvorallemaufeineKlerusreform,vonderen Umsetzungjedochwenigzuspürenwar.1497veranlassteHewenzudemdie HerausgabedeserstengedrucktenMissaleCuriense,1503aucheinesRituale Curiense.AmEndedes15.JahrhundertsbestandenimBistumindenachtDekanten183 Pfarreienmitüber280Kaplaneien.VordemHintergrundderMachtübernahme derHabsburger,desHerrschaftswandels,desbischöflichenMachtverlustesund magelhaftenFührungstilsoftabwesenderHirten,derkommunalenVerfestigung autonomagierenden(Gerichts-)GemeindenundderAusformungneuer politischerFührungsschichteninRätienbzw.indemneuenGebildeder «GemeinenDreiBünde»(1471–1797)bildetesichum1500allmählicheine Plattform für die Ausbreitung des reformatorischen Gedankenguts.Dennach1520einsetzendenkonfessionellenUmwälzungenzeigtesichBischof PaulZiegler(1509–1541)nichtgewachsen.DerAusbruchderReformationin BündenführtezumAufstandgegendieweltlicheHerrschaftdesChurer BischofsundzuseinerEntmachtungalsLandesherr.Die«Ilanzer Artikelbriefe» von1524und1526stärktennichtnurdieAutonomiederGemeinden,sondern befreitendiesevonZehntabgabenundräumtenihnendasPfarrwahlrechtsowie die AbsetzungeinesGeistlichenein.DiebischöflicheHerrschaftreduziertesich aufdenChurerHofbezirk,aufdieimVinschgaugelegeneFesteFürstenburg, dieHerrschaftGrossengstingeninSchwabenundaufResteinGraubünden (Münstertal,Obervaz,FürstenauimDomleschg).Bischofssitzbliebtrotzder protestantisch gewordenen Stadt immer Chur. DerReformationsverlaufinBündenzogsichaufgrundderstarkenAutonomie derGemeindenbiszumBeginndes17.Jahrhundertshin,wobeiweiteGebiete desGotteshaus-undZehngerichtenbundessichspätestensinderzweiten Hälftedes16.Jahrhundertsfürdasreformierte(zwinglianische)Bekenntnis entschieden.AuchimDekanat«UnterderLandquart»wurden11Pfarreien evangelisch(HerrschaftenWerdenbergundSax).Katholischbliebendie MehrheitdesOberenBundes,fernerdasUrserntal,dasSarganserland,das Linthgebiet,dasTerritoriumdesFürstentumsLiechtenstein,Vorarlbergsund Tirols.Vondenum1525bestehenden191Pfarreienwechselten73(davon62 in Bünden) zum neuen Glauben.FüreinedringendnotwenigeinnerkirchlicheReformwardiebedrängtewie geschwächteChurerBistumsleitungnachdemKonzilvonTrient(1545–1563) nochnichtgerüstet,sondernbedurfteexternerHilfestellungenseitensdes MailänderErzbischofsundKardinalsCarloBorromeoundweiterer apostolischerSondergesandten.Erstnach1590setztenunterDruckvon aussenerstebischöflicheReformbestrebungenein;wienotwendigdieseprimär imKlerusundinderweitgehendvernachlässigten(Sakramenten-)Pastoral waren,zeigendieAuswertungenderVisitiationvon1595indenkatholisch gebliebenen Gebieten der Dekanate Walgau und Vinschgau.ZuBeginndes17.JahrhundertssetztendannbistumseigeneReformkräfte klareZeichenzumWilleneinerinnerkirchlichenErneuerung.AlsersterChurer ReformbischofistJohannV.FlugivonAspermont(1601–1627)zunennen, desseneindeutigeReformbestrebungenschriftlichenNiederschlaginden1605 gedruckten«DecretaetConstitutiones»fandenundbeimdiözesaneigenen Klerusbeginnenmussten.Die«Decreta»dientengleichzeitigalswichtiges ErsatzinstrumentfüreineimBistumChurschonausfinanziellenwieauchaus politischenGründeninnachtridentinischerZeitniedurchgeführtenDiözesan-synode.NichtnurdiebischöflicheWirkungszeitJohannsV.,sondernauchdie AmtszeitenseinerbeidenNachfolgerJosephMohr(1627–1635)undJohannVI. FlugivonAspermont(1636–1661)warenüberschattetvonden«Bündner Wirren»imFreistaatderDreiBünde,einerZeitdergefährlichenBündnispolitik mitdenangrenzendenMächten,LandesinternenParteienkonfiktenundsich häufendenStrafgerichten,welchenichtzuletztdenChurerBischofbetrafen (1618).UnterdemzeitweiligenösterreichischenSchutzgelangen1622/23in Lindaubzw.ChurVerträge,welchenichtnurdieRückerstattungderverlorenen GüterundHerrschaftsrechtesowiediefreieBischofswahlgarantierten,alleseit 1524/26gegenBistumundHochstiftgerichtetenArtikelfürnullundnichtig erklärten,sondernauchdemBischofseinekirchlichenJurisdiktionsrechte zurückgaben,freiekatholischeGlaubensausübungunddieTätigkeitkirchlich anerkannterOrdeninBündenerlaubten.AufgrunddieserBestimmungen begann1622diegrossmehrheitlichsegensreicheWirksamkeitderKapuzinerin BündnerPfarreien.FernerkonntendieChurerBischöfeauchaufdem TerritoriumderDreiBündeVisitationendurchführen;eineGesamtvisitationdes BistumsChurgelangunterJohannVI.zwischen1638und1643.DieHoffnung aufvollständigeRestitutionderdurchdieReformationverlorenenbischöflichen GüterundRechtebliebhingegenunerfüllt,dahierfürdieRückendeckungder Grossmächteausblieb.Wenigstensgelang1636dieWiederansiedlungder PrämonstratenserinSt.LuziinChur,welchewährendfast100Jahreninder demKlosterinkorporiertenPfarreiBendernweilten,kurzzeitigauchdie Wiedereröffnungdes1538geschlossenenDominikanerklostersSt.Nicolaiin derStadtChur(bis1653)unddievonBludenzausdurchDominikanerinnen gelungeneNeuansiedlunginCazis.FernerkamenimLaufedes17.Jahr-hundertsGründungenvonKapuzinerklösterninMeran,Schlanders,Feldkirch, Bludenz und Mels zustande. InderdurchdasKonzilvonTrientim«Seminardekret»von1563 angestossenenReformderPriesterausbildungsetztederJesuitenordenbis 1773klareAkzente,indemermittelseinesganzenNetzesvonJesuiten-kollegienund-universitäteninEuropademkünftigenWeltklerusdieMöglichkeit zueinemfundiertenStudiumbot.AuchdieChurerAlumnenwarenbis1649/80 gezwungen,ausschiesslichausserhalbderBistumsgrenzenanBildungszentren derSocietàJesunördlichodersüdlichder Alpenzustudieren;erstMittedes17. JahrhundertsgelangunterBischofJohannVI.nachlangemHinundHereine entsprechendeNiederlassunginderStadtFeldkirch(Jesuitenkollegmit Gymnasium). ImZugederSeelsorgereformteiltemanalteGrosspfarreieninkleinere selbständigePfarrsprengelauf.ImZeitalterdesBarocksentstandenvielerorts teilsneueoderteilsstarkumgebautesowiekünstlerischreichlichausgestattete Gotteshäuser.ParalleldazufördertenSeelsorger,vorallemdieKapuziner,neue FormenbarockerVolksfrömmigkeitalsklaresAbbilddeswiedererstarkten katholischenGlaubens.ImLaufederAmtszeitJohannsVI.konntendie politischenwiekonfessionellenDifferenzeninBündenmehrheitlichfriedlich beigelegtwerden–einvonder1586gegründetenNuntiaturinLuzernlanciertes «Quasibistum»Disentis,dem14PfarreiendesDekanatsSurselvazugeordnet werdensollten,warzumScheiternverurteilt–,sodassseinebeidenNachfolger inderzweitenHälftedes17.Jahrhunderts(UlrichVI.deMont[1661–1692]und UlrichVII.vonFederspiel[1692–1728])inruhigerenBahnendasBistumChur zu führen vermochten. RekatholierungsversucheimPrättigauundUnterengadinwarenfrühgescheitert undmusstendemKlimaeineskonfessionellen«Nebeneinanders»inBünden Raumgeben.DenChurerBischöfenerlaubtedieseSituationeinerseits(nach einemlängerenUnterbruchinfolgederreformatorischenWirren),sichals legitimegeistlicheReichfürstenwiedervermehrtaufdemParkettderReichs-politikzurückzumeldenundsichaufdenseit1664regelmässigzuRegensburg einberufenenReichstagenwürdigvertretenzulassen. Andererseitsstandesim InteresseihrerüberregionalenStellung,dieeigeneChurerResidenzaufdem Hofnichtnurzusanieren,sondernnachgelungenemAbbaueinesmassiv drückendenSchuldenbergesihreSitzeinChurundimoberenVinschgau–die Feste Fürstenburg – standesgemäss ausbauen zu lassen.DieZeitdesBarockalseineEpochewiederaufblühenderkatholicherKultur zwischenKonfessionalisierungundAufklärungdarfnichtdarüberhinweg-täuschen,dassauchaufdemTerritoriumdesChurerBistumsinunrühmlicher KomplizenschaftmitevangelischenGemeindendiverseWellenvonHexen-verfolgungenzuverzeichnensind,welche,wennauchvorweltlichenGerichten durchgeführt,vonkirchlicherSeitevielzulangeUnterstützungfandenoder geduldetwurden.EinedeutlicheKehrtwendeindiesemverwerflichenVerhalten, dasunzähligenunschuldigenMenschen(inderMehrzahlFrauen)dasLeben kostete, war erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts zu spüren.InderzweitenHälftedes18.Jahrhundertswurdedertraditionellengewie zeitweiligauchvertraglichabgesicherteAnschlussderChurerBischöfeandas HausÖsterreicheinerschwerenBelastungausgesetzt.JohannBaptistAnton vonFederspiel(1755–1777)undFranzDionysvonRost(1777–1793)standen nichtnurinkritischerDistanzzudenStrömungenderAufklärung,sondern sahensichalsbaldimKampfgegendasaufgeklärteStaatskirchentumMaria TheresiasundJosephsII.,welchesvorallemunterBischofvonRostinden österreichischenBistumsanteileninTirolundVorarlberghartzuspürenwarund folgeschwereKonsequenzennachsichzog.VonRostmusstediemeisten staatlichenReformenundMassnahmen,dieKaiserJosephII.zwischen1781 und1789inatemberaubendemTempoerliess,hinnehmen,darunterdie KlosteraufhebungenimVinschgauundBurggrafenamt(KlarisseninMeran, KartäuserimSchnalstal,DominikanerinneninAlgund,Hieronymitaneram JosephsbergobForst)sowieinVorarlberg(KlarisseninValduna,Minoritenauf demViktorsberg).VonAnfanganzähundletztlichwenig«ertragsreich»verlief hingegendasjosephinischePfarreieinrichtungsgeschäft.DasBestreben JosephsII.,auchimWestenÖsterreichsdieLandes-mitdenDiözesangrenzen inÜbereinstimmungzubringen(Diözesanregulierung)unddieösterreichischen TeiledesBistumsChur–DekanateVinschgauundWalgau–mitden vorarlbergischenTeilenderBistümerKonstanzundAusburgzueinemneuen BistumBregenzzusammenzuführen,verliefzuLebzeitdesKaiserserfolglos unddiePläneverschwandenindenSchubladenderInnsbruckerbzw.Wiener Amtsstuben.DerjosephinischeGrundsatzhingegen,künftigkeinenausländischenBischof aufösterreichischemTerritoriumzudulden,bliebvirulentundwurdezuBeginn des19.JahrhundertsnachdemZusammenbruchderaltenOrdnungimReich (Säkularisation1802/03,UntergangdesHeiligenRömischenReichsDeutscher Nation1806)umgesetzt.PerBrevevom27.Januar1816wurdendieChurer DekanateVinschgauundWalgau(ohneLiechtenstein)vomBistumChur abgetrenntundBrixenbzw.Trientzugeordnet–inmateriellerwieideeller HinsichteinherberVerlustfürdasbereitsdurchdieReformationgeschmälerte Bistum,welchesdamitinseinemhistorischenUmfangbetrachtetzuseinem Ende kam.ErstdieumfangreicheNeuordnungderDiözeseninDeutschlandundder SchweizverschafftenChur1819mitdemZuwachsder«SchweizerQuart»des 1821/27untergegangenenBistumsKonstanzeinebeträchtlicheErweiterung undsetztdamitdenzeitlichenBeginnzueinerChurerBistumsgeschichtein neuer Zirkumskription.NachdemChur1816seineausserschweizerischenGebiete(Vorarlbergund Vinschgau)bisaufLiechtensteinverlorenhatte-dieinÖsterreichgelegenen Teilekamen1808provisorischund1816/18endgültiganBrixenundTrient-, erhieltdiegeschrumpfteDiözese1819fastsämtlicheGebieteder“Schweizer Quart”desBistumsKonstanz,das1821/27aufgelöstwurde,zur Administration. WährendderStandSchwyzsichbereits1824definitivdemBistumChur anschloss,führtenVerhandlungenmitdenübrigenUrkantonenniezumErfolg, sodassUri(ohneUrserntal)sowieOb-undNidwalden,aberauchZürichund GlarusbisheutenurprovisorischdemChurerSprengelzugeordnetsind. AndereehemalskonstanzischeGebiete,alsodieKantoneBern,Luzern,Zug undSolothurn,fielen1828,ThurgauundAargau1830andasebenfallsneu umschriebeneBistumBasel.NachderAufhebungderFürstabteiSt.Gallen durchdieRegierungvonSt.Gallen(1805)wurde1823vonRomein DoppelbistumChur-St.Gallenerrichtet;inderGallusstadtamteteeineigener Generalvikar.Bis1836wurdedasGebietderehemaligenFürstabtei,derStadt St.GallenunddiedazugehörendenGemeinenHerrschafteninPersonalunion mitChurverwaltet,aufgrundwachsendenWiderstandesjedoch1847getrennt undSt.GallenzueinerselbständigenDiözeseerhoben.1867tratschliesslich dasBistumComodiePfarreienBrusioundPoschiavoanChurab,sodassseit 1869 der gesamte Kanton Graubünden dem Churer Bischof untersteht.DasheutigeChurerDiözesangebietumfasstmitdenobengenannten AdministrationsgebietennachderAbtrennungLiechtensteins(1997zum ErzbistumVaduzerhoben)12’272Quadratkilometermitinsgesamt307 Pfarreien(unterteiltin3Bistumsregionen[Graubünden,Urschweiz,Zürich-Glarus] mit 16 Dekanaten). zum zweiten Teil (1816/19 bis zur Gegenwart)
Albert FischerDas Bistum ChurBand 1: Seine Geschichte von den Anfängen bis 1816448 Seiten, mit 252 AbbildungenKonstanz-München 2017Preis: 49.– EuroISBN 978-3-86764-807-3Zu beziehen beim UVK-Verlagoder in jeder Buchhandlung.