Kaspar (Balthasar) Willi
1877–1879
von Albert Fischer
Der am 10. Januar 1877 vom Churer Domkapitel als Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Nikolaus Franz Florentini beinahe einstimmig postulierte Weihbischof P. Kaspar Willi OSB zum neuen Churer Oberhirten – eine der 24 Stimmen ging an Domherr Balthasar Castelberg (1812-1897) – wurde am 2. Februar 1823 in Domat/Ems als Sohn der Eheleute Jakob Willi und Anna Maria Cathrina Fetz geboren. Der Taufname lautete Balthasar. Seine Gymnasialzeit verbrachte der junge Bündner in Chur, in Freiburg im Uechtland und in Einsiedeln. Danach entschloss sich Balthasar Willi zum Ordenseintritt und legte am 1. Mai 1845 in Einsiedeln die ewige Profess in die Hände von Abt Cölestin Müller (1825-1846) ab; er erhielt den Ordensnamen Kaspar. Nach Absolvierung seiner philosophisch-theologischen Studien wurde er am 11. Juni 1848 in der Klosterkirche Maria-Einsiedeln zum Priester geweiht. Danach unterrichtete er Rhetorik an der örtlichen Stiftsschule, zu dessen Präfekt er am 23. September 1849 aufstieg. Am 9. Oktober 1953 übernahm Pater Willi die ausgedehnte Pfarrei Einsiedeln; daneben fungierte er als Bezirksschulinspektor, Erziehungsrat des Kantons Schwyz und initiierte die Errichtung des Armen- und Krankenhauses in Einsiedeln.
Auf wiederholtes Drängen des Geschäftsträgers der Schweizer Nuntiatur, Giovanni Battista Agnozzi (1868–1873), ernannte Papst Pius IX. (1846–1878) Kaspar Willi am 21. Dezember 1868 zum Titularbischof von Antipatris und Weihbischof für das Bistum Chur. Am 7. März 1869 erhielt der Benediktiner in der Klosterkirche zu Einsiedeln durch den Basler Bischof Eugène Lachat (1863–1884) die Bischofsweihe. Die Festpredigt bei der Konsekrationsfeier hielt Thomas Anton Huonder, Pfarrer von Trun (1863–1871), später Regens am Priesterseminar St. Luzi (1880–1898) und Domdekan (1880–1898).
Als Episcopus auxiliaris bereiste Kaspar Willi als allseitig geschätzter Seelsorger und Hirte den ganzen Churer Sprengel, förderte Kirchen(neu)bauten und den Priesternachwuchs. Besonderen Verdienst weist Willi auch beim Aufbau und bei der Neuordnung des Bischöflichen Archivs auf. Der zuständige Archivar Christian Modest Tuor (1877–1893) wurde hierfür in Einsiedeln instruiert, was es ihm ermöglichte, den verwahrlosten wie ungeordneten historischen Archivbestand in Chur einer Ordnung zuzuführen (Tuor erstellte die bis heute wichtigen Registerbände).
Als Vertreter des alternden Churer Bischofs auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) setzte sich Willi auf seiten der Majorität in Rom für die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit ein. Seine zweite Romreise 1875 “ad limina Apostolorum” führte ihn zu einer weiteren Begegnung mit Papst Pius IX.
Nach erfolgter und vom Papst angenommener Resignation Florentinis ernannte Pius IX. am 12. März 1877 Willi zum neuen Churer Bischof; die feierliche Inthronisation in der Kathedrale zu Chur fand am 1. April statt. Der (zweite) Benediktiner auf dem Churer Bischofstuhl erkrankte bereits 1878 an Leberzirrhose (Krankenaufenthalte zwischen August und Oktober 1878 im Kloster Fahr und in der Statthalterei des Klosters Einsiedeln in Pfäffikon/SZ), die am 17. April 1879 zum Tod führte. Von seinen Plänen vermochte er lediglich das neue ‘Proprium Curiense’ zu verwirklichen und 1879 herausgeben. Kaspar Willi fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof vor der Kathedrale zu Chur.